In Merseburg gefällt es den Menschen, die Stadt ist grün, hat eine gute Infrastruktur und ausreichend Wohnungen. Viele der Wohnungen wurden zwischen 1950 und 1970 gebaut, auch in Merseburg-Süd. 

Wir bewirtschaften in diesem Stadtteil über 1.000 Wohnungen und haben 2024 ein Pilotprojekt gestartet, bei dem wir eine klimafreundliche und gleichzeitig bezahlbare Sanierung erproben wollen. 

Dirk Förster-Wehle und Michael Ritter aus unserem Zentrale Technik-Team berichten von Sachsen-Anhalts erster serieller Sanierung und erklären die Vorteile des zukunftsweisenden Konzepts. 

© Felix Zahn / dena

Fliegende Fassade: Die neue Gebäudehülle wird ohne Baugerüst montiert.

In unserem Sanierungsobjekt in der Straße des Friedens gibt es 32 Wohnungen. Viele Mieter haben sich entschieden, in der Bauzeit dort zu bleiben. Sie konnten zusehen, wie die neue Fassade angebracht wurde.

Die Fassade wurde in einem modernen Fertigteilwerk vorproduziert. Dort wurden eine mineralische Wärmedämmung sowie Fenster und Lüftung in die verschiedenen Module schon eingebaut. Wir hatten genau geplant und das Fassadendesign gleich mit entschieden. 

Wenn die Fassadenmodule auf LKWs ankamen, war also alles schon dran. Auf der Baustelle wartete ein Kran, die Teile wurden in die Luft gehoben und von einer Hebebühne aus am Haus montiert. Ein Gerüst war nicht nötig und die Arbeiten nach ein paar Tagen abgeschlossen.

© ecoworks

Welches sind die wichtigsten Kriterien, damit seriell saniert werden kann?

Allgemein gilt: Je einfacher die so genannte Kubatur des Gebäudes ist, also „quadratisch, praktisch, gut“, desto einfacher ist es. Sinnvoll und wirtschaftlich sind Standardgebäude mit drei bis fünf Geschossen, wie hier in Merseburg zum Beispiel der Bautyp IW58/60.

Warum fiel die Entscheidung auf das Haus in Merseburg?

Neben dem Instandhaltungsbedarf und dem nicht mehr zeitgemäßen energetischen Standard war ein Faktor ausschlaggebend dafür, dass wir das Wohnhaus als Pilotprojekt ausgewählt haben: Das Gebäude ist typisch für den Bestand der TAG Wohnen. 

Es handelt sich um einen weit verbreiteten Typenbau aus den 1950er Jahren, der so oder ähnlich in vielen anderen Siedlungen in Deutschland zu finden ist. Mit Gebäuden wie diesem wurde in der Nachkriegszeit vielerorts der Wohnungsnot begegnet.

© ecoworks

Das Wohnhaus wird jetzt zukunftssicher?

Der Bedarf an Wärmeenergie und der Ausstoß von CO² verringern sich rund um die Hälfte. Nach der Sanierung wird sich die Energieeffizienz des Gebäudes von der drittschlechtesten Klasse F auf B verbessern. Wir schonen die Umwelt und senken die Kosten für Heizung und Warmwasser.

Unsere Energieberater haben dafür gemeinsam mit dem Energiesprong-Team der Deutsche Energie-Agentur dena und anderen Projektbeteiligten ein Konzept ausgearbeitet. Unser Ziel dabei war es, bei unserem Pilotprojekt KfW Effizienzhaus Standard 55 zu erreichen.

 

Wir haben ausgebildete Energieberater, die genau wissen, worauf es in der Wohnungswirtschaft ankommt.
Dirk Förster-Wehle, Leiter Zentrale Technik TAG Wohnen

Mit wem arbeiten wir bei dem Pilotprojekt zusammen?

Unser wichtigster Partner ist Pionier bei der seriellen Sanierung. Die Firma ecoworks befasst sich seit 2018 mit dem Konzept und war auf dem hiesigen Baumarkt einer der ersten Gesamtlösungsanbieter. 

Ecoworks denkt die Bauplanung neu. Dort arbeiten nicht nur Architekten und Statiker. Softwareingenieure entwickeln Programme, sogenannte BIM-Planung, die alle Gewerke im Planungsprozess zusammenführen. Heute kann ecoworks Gebäude mit bis zu neun Etagen seriell sanieren.

Mit der industriellen Fertigung soll etwas Individuelles entstehen, nicht die Platte 2.0, sondern ganz unterschiedliche Fassaden sind möglich. Auch deshalb haben wir uns für den Spezialisten entschieden.

© TAG Wohnen
Unser Anspruch ist es, den Bestand und die Klimastrategie der Wohnungswirtschaft zu verstehen. Nur so können wir Sanierungslösungen entwickeln, die bezahlbaren, klimafreundlichen Wohnraum ermöglichen.
Marc Becker, CRO beim Projektpartner ecoworks

Wie wurde geplant, damit die Fassade ans Haus passt?

Ein Vermessungsingenieur hat mit einem 3-D-Scanner jeden kleinsten Punkt an der Fassade erfasst. Daraus wurde eine Punktwolke erstellt, die das Gebäude und dessen Einzelheiten abbildet. 

Eine sehr genaue Technologie und die Basis für BIM. Das steht für “Building Information Modeling”, eine Methode, um Gebäude präzise zu planen.

Mit einer Drohne wurden auch Luftaufnahmen von der Umgebung gemacht. So kann man das Gebäude besser einordnen und sieht auch die anderen Gebäude in der Gegend.

© ecoworks
Das Konzept wird es künftig ermöglichen, Gebäude schnell, wirtschaftlich und mieterfreundlich zu sanieren, sodass Wohnraum bezahlbar bleibt.
Dirk Förster-Wehle über sozialverträgliches Sanieren

Was sind die Vorteile der industriellen Vorfertigung?

Bauleistungen werden normalerweise auf der Baustelle erbracht. Bei der industriellen seriellen Vorfertigung wird ein Großteil davon in die Werkshalle verlegt. 

Robotik führt die Arbeiten mit hoher Präzision und gleichbleibend hoher Qualität aus. Die Rahmenbedingungen sind immer gleich und Störfaktoren wie schlechtes Wetter werden eliminiert. 

Das reduziert auch die Belastung auf der Baustelle. Es gibt weniger Baulärm und Schmutz, die Bauzeit ist kürzer und die Mieter haben weniger Stress. 

Vor allem aber können wir begehrte Facharbeiter gezielt einsetzen. Auf unserer Baustelle sind das drei Experten: ein Kranführer, ein Unterstützer, der zum Beispiel die Fassadenmodule vom Boden aus gegen Schwenkbewegungen sichert, und ein Monteur auf der Hebebühne.

Auf der Baustelle geht es jetzt auf die Hebebühne und ein Fachmann montiert die Fassadenmodule auf der zweite Etage.
© Felix Zahn / dena

Im September wurden alle vorbereitenden Maßnahmen ausgeführt, damit wir die neue Fassade montieren konnten. Dazu gehört die brandschutztechnische Ertüchtigung des bestehenden Wärmedämmverbundsystems, das zu großen Teilen erhalten bleiben konnte. 

Zudem mussten wir die alten Balkone abbrechen sowie den Dachüberstand und die Regenfallrohre zurückzubauen. Eine weitere wichtige Vorarbeit bestand darin, im Kellerbereich des Hauses eine Stahlträgerkonstruktion zu errichten, die die Last aller Fassadenteile aufnimmt. 

Giebelansicht auf der Baustelle in der Straße des Friedens in Merseburg während der Sanierung.
© ecoworks
Nach sechs Monaten Planung und drei für die Vorbereitung auf der Baustelle, hat es nur zehn Werktage gedauert, bis das Haus seine neue Hülle hatte. Sonst hätte das mindestens viermal so lang gedauert.
Michael Ritter über den großen Unterschied zur konventionellen Sanierung

Im Oktober haben unsere Fachkräfte das Wohnhaus innerhalb von nur zehn Arbeitstagen in seine „neue Haut“ gehüllt. 

Weil auf der Baustelle nicht viel Lagerplatz ist, wurden die Fassadenmodule von einem Schwerlasttransporter “just in time” geliefert. Unser Kran hatte immer etwas zu greifen und es ging zügig voran.  

In der Zeit haben wir auch alle Wohnungen ans neue Trinkwasser- und Elektronetz angeschlossen. Das hatten wir vorher direkt vom Keller an der Fassade entlang verlegt. Eine besondere Lösung, die wir zum ersten Mal umgesetzt haben. 

Im Vergleich zu einer typischen Strangsanierung war auch das für die Menschen, die während der Bauphase im Haus wohnen, weniger stressig.

© Felix Zahn / dena

Jetzt noch Fenster abdichten und die Lüftung starten?

Die in die Fassadenmodule eingebauten Fenster mussten wir noch innerhalb der Wohnungen abdichten. In diesem bis Dezember andauernden Arbeitsschritt haben wir auch die integrierte Wohnraumlüftung angeschlossen und in Betrieb genommen. 

Zeitgleich haben wir die Kellerdecke und die Decke im Dachboden gedämmt. Damit wir eine thermisch geschlossene Gebäudehülle herstellen. Wir haben zudem einen neuen Dachüberstand ans Haus gebaut und neue Regenfallrohre und Dachrinnen montiert. 

© TAG Wohnen

Im nächsten Jahr kommen die neuen Balkone ans Haus. Die Treppenhäuser erhalten neue Wohnungseingangstüren und neue Böden, die Wände frische Farbe. 

Dann werden auch neue Hauseingänge mit modernen Wechselsprech- und Briefkastenanlagen aufgestellt.

Im Frühjahr sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein und alle können sich auf die ersten Sonnenstrahlen auf ihren schönen neuen Balkonen freuen.

Vermietungsstart der freien Wohnungen ist ab April 2025 geplant.

 

Die serielle Sanierung in der Galerie ansehen:

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